Geschrieben von: Rheingau Echo
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Freitag, den 17. August 2012 um 05:55 Uhr |
Güttler-Auftritt als Jubiläumsgeschenk / 15.000 Euro für Fachbereich Musik
Er gehört zu den Männern der ersten Stunde. Schon vor 25 Jahren zählte Ludwig Güttler zu den Künstlern, die das Rheingau Musik Festival bei seinen ersten Gehversuchen begleiteten. Seitdem ist der Startrompeter Stammgast beim Festival, seine Konzerte sind alljährlich Höhepunkte im RMF-Programm. Gleichwohl war der Auftritt im Jubiläumsjahr des RMF ein besonderer.
"Nach der nächsten Zugabe wünschen wir Ihnen einen schönen Nachhauseweg". Ludwig Güttler, der sonst nur seine Trompete sprechen lässt, wandte sich am vorletzten Dienstag direkt an das Publikum in der Wiesbadener Lutherkirche. Dort hatten Güttler und sein musikalischer Partner, der Organist Friedrich Kircheis bereits drei Zugaben gegeben, ohne dass die Zuhörer Anstalten machten, die Kirche zu verlassen.
Mit den Künstlern und den Konzertbesuchern freuten sich drei Männer ganz besonders: Zunächst RMF-Intendant Michael Herrmann, der an diesem Abend keine Gage zahlen musste, weil die Künstler aus Anlass des 25-jährigen Bestehens des Rheingau Musik Festival unentgeltlich spielten. Und dann noch die beiden Leiter der Geisenheimer Gymnasien, Karl-Heinz Drollinger von der Rheingauschule und Dr. Hermann-Josef Schlicht von der St. Ursula-Schule. Denn Michael Herrmann hatte das Konzert zu einem Benefizkonzert für den Fachbereich Musik der Rheingauschule und der St. Ursula-Schule in Geisenheim erklärt.
Als Herrmann bei seiner Begrüßung die Summe von 15.000 Euro nannte, die das Festival zu gleichen Teilen an die Schulen spenden wolle, fühlte sich Drollinger "vom Betrag fast erschlagen". Dennoch mangelt es Drollinger nicht an Ideen für die Verwendung des warmen Geldregens: Er wolle jetzt nicht über die verkürzte Schulzeit G8 klagen, aber an der Rheingauschule genieße die musikalische Ausbildung der Kinder einen hohen Stellenwert. "An einer Schule mit Schülern aus 40 Nationen ist das sehr wichtig für die Sozialisation in der Schulgemeinschaft". Karl-Heinz Drollinger nannte beispielhaft Streichergruppen, Bläsergruppen, Chöre und die Big Band, um dann mit zwei besonderen Trümpfen zur Musiktradition seiner Schule zu punkten: Der weltberühmte Countertenor Andreas Scholl und seine Schwester, die Sopranistin Elisabeth Scholl sind beides Rheingauschüler und haben in der Vergangenheit immer wieder Konzerte an ihrer ehemaligen Schule gegeben.
Auch Dr. Schlicht sicherte eine sinnvolle Verwendung der Mittel zu. So gebe es an der St. Ursula-Schule eine Musikklasse, für die neue Instrumente angeschafft werden sollen. Darüber hinaus würden Exkursionen zu Konzerten und Proben unternommen. Das Spendengeld soll auch dafür verwendet werden, besonders begabte Schüler durch Förderunterricht auf die Aufnahmeprüfungen an Musikhochschulen vorzubereiten.
Hermann-Josef Schlicht betonte auch die Kooperation des privaten katholischen Gymnasiums mit der staatlichen Rheingauschule: Gibt es doch einen gemeinsamen Musikleistungskurs der beiden Gymnasien. Dieser arbeitet im Rahmen des Projekts "Junge Festivalmanager" mit dem Rheingau Musik Festival zusammen. 13 Schülerinnen und Schüler dieses Musik-Leistungskurses haben das am kommenden Sonntag stattfindende Konzert der MozArt Group - gemeinsam mit den Profis des Festivalbüros - geplant und organisieren die Veranstaltung weitgehend in Eigenregie.
Bewährtes Duo
Nach den einleitenden Reden kamen die Künstler zum Zuge. Güttler ist mittlerweile fast 70 Jahre alt. Er hat sich neben seinem Ruf als Trompeter und Dirigent auch beim Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche einen Nahmen gemacht. Musikalisch gilt er als einer der weltweit führenden Trompeten-Virtuosen, als Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft zur Förderung des Wiederaufbaus der Frauenkirche kämpfte er unermüdlich für die Kirche. Legendär sind seine Weihnachtskonzerte vor der Ruine, teilweise bei beißender Kälte im dichten Schneegestöber. Güttler ist Träger einer Vielzahl von Auszeichnungen für sein gesellschaftliches Engagement. Insofern passt es ins Bild, dass er an diesem Abend ohne Gage auftrat.
Wie Güttler hat auch der drei Jahre ältere Organist Friedrich Kircheis seine musikalische Heimat in Dresden. Die beiden Musikprofessoren spielen schon seit mehr als 30 Jahren zusammen. Kein Wunder also, dass sie sich blind verstehen - was besonders dann von Vorteil ist, wenn sie wie in Wiesbaden mit seinem beengten Platz für den Organisten weit voneinander agieren müssen.
Ihre Klangkombination aus Trompete und Orgel verfehlte auch in der Lutherkirche nicht ihren Reiz. Der strahlende Klang der Blechblasinstrumente Trompete und Jagdhorn verschmolz mit den kräftigen Tönen der Klais-Orgel, deren Klangqualität in der besonderen Raumakustik der evangelischen Kirche hervorragend zur Geltung kam.
Güttler und Kircheis hatten in Wiesbaden vor allem Stücke aus dem 18. Jahrhundert in ihrem Repertoire. Kompositionen von deutschen Barockmeistern wie Georg Philipp Telemann, Vincent Lübeck und Johann Sebastian Bach kamen dabei ebenso zu Gehör wie seltener gespielte Werke ihrer Zeitgenossen Jean-Baptiste Loeillet, Alessandro Scarlatti aus Italien und dem englischen Organisten John Alcock. Zwei Choralbearbeitungen von Max Reger spannten schließlich den Bogen zum 19. Jahrhundert.
Herausragend war das bekannte Choralvorspiel für Trompete und Orgel "Jesus bleibt meine Freude". Erfreulich, dass sich das disziplinierte Publikum an die eingangs vorgetragene Bitte der Künstler hielt, zwischen den einzelnen Stücken nicht zu applaudieren - auch wenn es vielen "in den Fingern gejuckt haben dürfte".
Dafür entlud sich die Begeisterung dann am regulären Ende des Konzerts in umso heftigerem Applaus. Die vier Zugaben genossen die knapp 1.000 Zuhörer in der restlos ausverkauften Lutherkirche im Stehen - alle den Künstlern auf der Empore zugewandt.
Rheingau Echo vom 16.8.2012 |
Geschrieben von: Wiesbadener Tagblatt
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Samstag, den 11. August 2012 um 10:01 Uhr |
15 000 Euro vom RMF für Rheingauschule und St.-Ursula-Gymnasium.
Den Betrag von 15 000 Euro, den der Intendant des Rheingau Musik Festivals, Michael Herrmann, für Rheingauschule und St. Ursula-Schule zur Verfügung stellt, kann in den beiden Geisenheimer Schule gut eingesetzt werden, freuten sich die beiden Schulleiter Karl-Heinz Drollinger und Hermann-Josef Schlicht.
Wie berichtet, fand das Konzert mit dem Trompeter Ludwig Güttler und dem Organisten Friedrich Kircheis in der Lutherkirche Wiesbaden zugunsten der beiden Schulen als Geschenk zum 25. Geburtstag des RMF für die beiden Schulen statt. Die Schulleiter stellten vor dem Konzert die Musikschwerpunkte vor: So gebe es in der St. Ursula-Schule eine Musikklasse, für die neue Instrumente angeschafft werden müssten und es würden Exkursionen zu Konzerten und Proben unternommen. Schlicht freute sich, dass es zudem möglich sei, gerade im Musikbereich als private Schule mit einer staatlichen Schule zu kooperieren, denn es gebe einen gemeinsamen Musikleistungskurs der beiden Gymnasien.
Förderung Begabter
Darüber hinaus solle das Geld dafür verwendet werden, besonders begabte Schüler durch Förderunterricht auf die Aufnahmeprüfungen an Musikhochschulen vorzubereiten.
Drollinger, der Schulleiter der Rheingauschule, stellte heraus, dass an der Rheingauschule mit Schülern aus 40 Nationen die musikalische Ausbildung der Kinder sehr wichtig sei für die Sozialisation in der Schulgemeinschaft. Es gebe Streichergruppen, Bläsergruppen, Chöre und eine hervorragende Big Band, darüber hinaus seien auch der weltberühmte Countertenor Andreas Scholl und seine Schwester Elisabeth Scholl Rheingauschüler gewesen, sagte Drollinger.
Wiesbadener Tagblatt vom 10.8.2012 |
Geschrieben von: Wiesbadener Tagblatt
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Sonntag, den 01. Juli 2012 um 00:20 Uhr |
Wer sein Abitur mit der Durchschnittsnote 1,0 besteht, beweist nicht nur Freude am Lernen, sondern auch vielseitige Fähigkeiten. Fabia Göhring war dennoch von einer Auszeichnung überrascht: „Den Preis in Politik und Wirtschaft hatte ich nie erwartet“, gesteht die 19-Jährige, die in der Rheingauschule in Geisenheim eher die Sprachen und die musischen Fächer zu ihren Favoriten zählte.
Als Schulsprecherin aktiv
Der Ehemaligen- und Förderverein der Rheingauschule hat ihr den mit 100 Euro dotierten „PoWi-Alumni-Preis“ zuerkannt, die Abkürzung steht für das Fach Politik und Wirtschaft. Wie Lukas von Eicken, der stellvertretende Vorsitzende des Vereins erklärt, wird so nicht nur schulische Leistung honoriert. Vielmehr schlug sich ebenso das soziale Engagement als Schulsprecherin und Mitglied der Brasilien-AG nieder.
Im achten und neunten Schuljahr sei ihr das Fach noch etwas fremd gewesen, gesteht Göhring. Das habe sich geändert, als sie schließlich Politik mit Verändern gleichgesetzt habe. Mit der Formel „gestalten statt konsumieren“ lässt sich ihre Motivation umschreiben.
Das passt zum Einsatz für Landlose in Brasilien, den sie ebenfalls anfangs nicht als politisch verstanden habe. In der zwölften Klasse gehörte Göhring zum vierköpfigen Schulsprecher-Team, sie arbeitete an der Projektwoche und im Kreisschülerrat mit. „In der Summe war das absolut überzeugend“, findet von Eicken. Der Vorschlag für die Preisverleihung machte die Lehrerin Dorothea Weiel, die den PoWi-Grundkurs unterrichtete. Im Nominierungsbogen wird auch gefragt, ob ein Schüler „ein Querdenker (im positiven Sinne)“ sei.
Den Preis der Alumni gibt es seit 2009. Damals setzte sich der PoWi-Leistungskurs der Rheingau-Schule in einem Bundeswettbewerb der Frankfurter Allgemeine Zeitung durch. Lukas von Eicken und Jan Schulze, die seinerzeit das Abitur machten, gehörten zum Gewinner-Team und hatten die Idee, das erhaltene Geld zur Basis für einen eigenen Preis des 550 Mitglieder starken Vereins zu nutzen.
Ein Jahr in Yúnnán
Schulze ist mittlerweile Marketing-Kaufmann, von Eicken absolviert eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Naspa. Ob Fabia Göhring ebenfalls in die Wirtschaft wechselt, ist dagegen offen. Zunächst geht sie ab September für ein Jahr in die südwestchinesische Provinz Yúnnán, um Kindern Englischunterricht zu erteilen. Über den Freiwilligendienst „weltwärts“ organisiert die Johannisbergerin den Aufenthalt.
Zuhause war sie bereits als Wahlhelferin tätig und kann sich vorstellen, einmal politisch Verantwortung zu tragen: „Vielleicht traue ich mir das in fünf Jahren zu.“ Beruflich ist übrigens der Journalismus eine Option für Göhring, nachdem sie dem Wiesbadener Kurier nach der Teilnahme an einer „Schreibwerkstatt“ in den Sommerferien als freie Mitarbeiterin erhalten geblieben ist.
Wiesbadener Tagblatt vom 30.6.2012 |
Geschrieben von: Wiesbadener Kurier
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Samstag, den 30. Juni 2012 um 08:37 Uhr |
Am 19. August gastiert beim Rheingau Musik Festival auf Schloss Johannisberg die MozART Group, ein Streichquartett aus Polen, das klassische Musik mal ein bisschen anders präsentiert - witziger. Schüler der beiden Geisenheimer Gymnasien haben sich diese Musik ausgesucht. Im gemeinsamen Leistungskurs Musik von Rheingauschule und St. Ursula Schule können die Schülerinnen und Schüler lernen, wie man Festivalmanager wird. Das Rheingau Musik Festival hatte für diese Partnerschaft Schulen gesucht, die Geisenheimer griffen zu. Und der Leistungskurs hat ein Jahr vor dem Abitur etwas gelernt - welche Musik in welchen Saal passt, wie man mit Künstleragenturen verhandelt, warum man Sponsoren braucht, wie man Hotels für ein Streichquartett bucht.
Jetzt stehen die Ferien vor der Tür. Sind die Vorbereitungen fürs Konzert beendet? Wir sprachen mit Carolin Brusky, die für den Leistungskurs die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit macht.
Frau Brusky, können die jungen Festivalmanager beruhigt in die Sommerferien gehen, oder müssen Sie vor dem Konzert am 19. August durcharbeiten?
Diese Frage kann man schwer beantworten - man weiß ja nie, was noch so alles passieren wird! Grundsätzlich können aber alle Arbeitsgruppen beruhigt in die Ferien gehen. Etwas zu tun haben noch die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die sich weiter um das Bekanntmachen der Veranstaltung kümmern wird, das künstlerische Betriebsbüro, das die An- und Abreise der Künstler organisiert, und die Dramaturgie mit einigen Texten für das Programmheft.
Sind die Karten ausverkauft - und haben Sie vor allem Ihre Mitschüler an der Rheingauschule und St. Ursula für das Konzert der MozART Group begeistern können?
Die „normalen“ Karten sind in der Tat ausverkauft - allerdings beginnen wir erst jetzt mit dem Verkauf der Schülerkarten. Dank der Unterstützung des Vereins Bikul können wir die als preiswerte Schülerkarten anbieten. Wir haben schon in Klassen und Kursen Flyer verteilt, um möglichst viele Schüler auf unser Konzert aufmerksam zu machen. Dabei haben wir schon viele positive Rückmeldungen und Nachfragen erhalten.
Was ist noch zu tun, ehe die Musiker im August anreisen?
Die Schülerkarten müssen verkauft und das Programmheft muss geschrieben werden. Kurz vor dem Konzert werden wir dann noch am Konzerttag selbst in Schloss Johannisberg alles Nötige für die MozARTgroup organisieren und vorbereiten.
Wie viele junge Festivalmanager haben Sie für die persönliche Betreuung des Quartetts vorgesehen?
Grundsätzlich wird natürlich der gesamte Leistungskurs vor Ort in Johannisberg sein. Speziell fällt aber die Künstlerbetreuung in das Aufgabenfeld des künstlerischen Betriebsbüros. Die drei Schülerinnen werden aber noch weitere Unterstützung aus anderen Arbeitsgruppen erhalten.
Der Leistungskurs macht im nächsten Jahr Abitur - wer weiß schon, dass er Konzertmanager werden will?
Es können sich sehr viele Schülerinnen und Schüler aus dem Leistungskurs vorstellen, Konzertmanager zu werden oder Musik zu studieren. Allerdings weiß das jetzt noch niemand so konkret, bis nächstes Jahr kann sich ja auch noch vieles ändern.
In einem Leistungskurs Musik sind immer viele Musiker versammelt. Machen Sie selbst auch aktiv Musik?
Im Leistungskurs werden tatsächlich sehr viele unterschiedliche Instrumente gespielt, vom Bass über das Schlagzeug zur Orgel bis hin zur Flöte ist alles dabei. An verschiedenen Veranstaltungen, wie zum Beispiel der diesjährigen akademischen Abiturfeier oder dem Sommerfest, nutzen wir die Chance, um gemeinsam aufzutreten. Ich selbst spiele Geige in verschiedenen Ensembles und bin Chorsängerin.
Das Interview führte Ulrike Würzberg.
Wiesbadener Kurier vom 29.6.2012 |
Geschrieben von: Rheingau Echo
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Samstag, den 09. Juni 2012 um 13:45 Uhr |
Aufführung des Pubertätsstücks der Rheingauschüler aus der Jahrgangsstufe 9 ging unter die Haut.
"Arme Eva" rutscht es einer Schülerin der 5. Klasse raus, als das Mädchen "Eva" (hervorragend gespielt von Sophie Sedo) in dem Stück "Bitterschokolade" nach einer Ohrfeige ihres strengen Vaters auf der großen Schattenwand verzweifelt weint und das eindringliche Schlagzeugspiel von Henok Mebrahton die Dramatik der Situation verstärkt. Die Bühnenfassung des Romans "Bitterschokolade" von Mirjam Pressler, die die rund 30 Schauspieler und zehn Sänger und Musiker der Wahlpflichtfächer "Darstellendes Spiel" und "Musik" der Jahrgangsstufe 9 der Rheingauschule auf die Bühne brachten, ging unter die Haut. Was nicht zuletzt an der hervorragenden Leistung der jungen Schauspielerinnen lag. Denn die spielten nicht nur sich selbst als pubertierende Jugendliche mit all den Problemen, die diese turbulente Zeit mit sich bringt. Da nur Mädchen in dem Kurs waren, wurden auch alle männlichen Rollen von den jungen Darstellerinnen gespielt und das als echte Meisterleistung. Allen voran die 15-jährige Ricarda Fillhardt, die sich die Rolle des Michel ausgesucht hatte. "Ich wollte unbedingt eine Hauptrolle, damit ich so lange wie möglich auf der Bühne sein kann", erzählt das Mädchen, das Schauspielerin werden will. Mit dem "Michel" hat sie sich eine besondere Herausforderung ausgesucht, die sie mit Bravour meisterte. "Ich hatte im Vorfeld die Jungs in meiner Klasse genau beobachtet und studiert, wie sie so laufen und gehen, tanzen und reden", erzählt Ricarda. Das habe sie dann versucht umzusetzen. "Und schließlich hat auch mein Klassenkamerad Stavros Strogilaki, der bei uns in der Technik hilft, mir einige wertvolle Tipps gegeben", so die junge Schauspielerin weiter. Die Umsetzung ist ihr so gut gelungen, dass die Zuschauer, selbst als Eva und Michel sich näher kamen, teilweise vergaßen, dass die Rolle des Michel von einem Mädchen gespielt wurde.
"Das Stück "Bitterschokolade" setzt sich mit der Frage "Was ist eigentlich Schönheit?" auseinander und handelt von einem Mädchen namens Eva, das wegen ihres Äußeren unter einem schwachen Selbstwertgefühl leidet. Da sie auch von ihren Eltern wenig Unterstützung erhält, beginnt sie sich zu isolieren und baut Mauern der Gleichgültigkeit um sich herum auf. Doch im Laufe der Handlung beginnen diese einzureißen. Eva begegnet einem Jungen namens Michel, durch den sie lernt über sich hinauszuwachsen und mit Selbstbewusstsein ihren Weg zu gehen. Durch Franziska, ein neues Mädchen in der Klasse, erfährt Eva Freundschaft und begreift, was es bedeutet, so akzeptiert zu werden, wie man ist. Es ist eine Geschichte aus dem Leben, über die erste Liebe, Freundschaft, Familie und darüber, zu sich selbst zu stehen und seinen eigenen Weg zu gehen", erklärte eingangs des Theaterstücks Jessica Jung dem Publikum.
1980 hatte Autorin Mirjam Pressler ihren Roman "Bitterschokolade" geschrieben, der heute noch so aktuell ist wie vor 33 Jahren, wie das Theaterstück der Rheingauschüler dokumentierte. Mirjam Pressler begann Ende der 70er Jahre Texte für Kinder und Jugendliche zu schreiben. Heute arbeitet sie als freie Schriftstellerin und Übersetzerin. Für "Bitterschokolade" wurde sie mit dem Oldenburger Jugendbuchpreis ausgezeichnet.
Erzählt wird die Geschichte der 15-jährigen Eva, die mit ihrem Übergewicht kämpft und in die neunte Klasse eines Gymnasiums geht. Sie ist eine gute Schülerin, aber dennoch eine Einzelgängerin mit schwachem Selbstbewusstsein, da sie das einzige pummelige Mädchen ihrer Klasse ist und sich für ihre Figur schämt. Ihre einzige Freundin ist Franziska, nachdem ihre damalige Freundin Karola ihr die Freundschaft kündigte.
Evas Familie besteht aus ihrem Bruder Berthold (Leonie Burkard), dem ordnungsfanatischen Vater Fritz (ebenfalls eine Glanzleistung von Johanna Fuchs), der täglich nach der Arbeit die Familie zusammen beim Essen sitzen haben will und Eva ausschimpft, beleidigt und auch handgreiflich wird, und ihrer schüchternen Mutter (sehr einfühlsam gespielt von Alexandra Lobov), die sich nicht gegen ihren Mann stellt. Durch den angestauten Frust aufgrund des täglichen Streits mit ihrem Vater frisst Eva ihre Probleme wortwörtlich in sich hinein. Sie schämt sich für ihre Essgewohnheiten, kann aber nicht anders. Sie würde gerne abnehmen, schafft es aber nicht, da sie nicht genug Durchhaltevermögen aufbringt und ihr der Rückhalt der Eltern fehlt. Auch hier sieht man im dramatischen Schattenspiel, wie Eva erst nach freiwilligem Hungern und dann einer Fressattacke unter massiven Essstörungen leidet.
Eines heißen Nachmittags im Sommer geht Eva in den Park, dort trifft sie auf Michel, der sie gerne ins Café einladen will, aber kein Geld hat. Eva gibt ihm das Geld, das ihre Mutter ihr für das Schwimmbad und ein Eis geschenkt hat, so gehen sie schließlich ins Gartencafé, wo Eva erfährt, dass Michel in die neunte Klasse der Hauptschule geht, sieben Geschwister hat und nach der Schule Matrose werden will. Seine Familie ist so arm, dass Michel kein Taschengeld bekommt. Sie beschließen sich erneut zu treffen, worauf sie sich für den nächsten Tag verabreden, um schwimmen zu gehen. Gleichzeitig trifft Eva in der Schule auf Franziska (Jana Hermes), die Verständnis für die sonst so alleingelassene Schülerin zeigt und mit Eva Freundschaft schließt.
Nach dem langen, beschwerlichen Weg findet Eva nun, dank der Gefühle zu Michel und der Freundschaft zu Franziska, endlich zu sich selbst. Vor dem Spiegel probiert sie neue Kleidung, ein rotes Tuch und eine rote Jacke an und sieht eine neue, frische Eva in sich.
"Bitterschokolade" spricht eine Fülle von Themen an, die für Jugendliche von besonderer Bedeutung sind: Erste Liebe, das äußere Erscheinungsbild, der Umgang mit dem eigenen Körper, das "sich unverstanden fühlen von Eltern und Erwachsenen".
"Das Buch ist also immer noch aktuell, weil auch heute viele Jugendliche mit ihrem Äußeren unzufrieden sind und sich einsam fühlen. Es kommt authentisch rüber, weil wir uns da richtig reinversetzen können", erklären die Schauspielerinnen.
Eineinhalb Jahre haben sie sich auf die Aufführung vorbereitet, ihre Lehrerin Tina Henseling hatte ihnen drei Stücke zur Auswahl gegeben, aber "Bitterschokolade" habe sofort das Rennen gemacht. Die Romanfigur "Eva" habe den Mädchen die Möglichkeit gegeben, sich mit ihr zu identifizieren, die Konfliktsituationen eingeschlossen. Gemeinsam mit den Mitglieder des Wahlpflichtfaches "Musik" von Lehrer Michael Bibo hat der Kurs "Darstellende Kunst" die Vorlage behutsam modernisiert, mit viel Humor und Situationskomik, die beim Publikum für gute Laune sorgt. Beeindruckend ist vor allem die rasante Szenenabfolge, die keine Sekunde Langeweile aufkommen lässt und die Zuschauer ebenso wie die Schauspieler in Atem hält. Besonders raffiniert ist dabei der Einsatz der neuen Leinwand, die im Bühnenhintergrund dazu dient, die Kulissen rasch sich wechseln zu lassen und die eindrucksvollen Schattenspiele der Eva in Not zu ermöglichen.
Das alles gefiel dem Publikum so sehr, dass es am Schluss Riesenbeifall gab, Schulleiter Drollinger Blumen und Freistunden verteilte und gemeinsam mit den Zuschauern vehement einfordert, dass die Aufführung von "Bitterschokolade", die nur für diesen einen Abend geplant war, wiederholt werden muss.
Rheingau Echo vom 8.6.2012 |
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