Start Archiv - Presse 15-jährige Rheingauschülerinnen führen das Stück „Bitterschokolade“ auf
15-jährige Rheingauschülerinnen führen das Stück „Bitterschokolade“ auf PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Wiesbadener Kurier   
Samstag, den 02. Juni 2012 um 20:52 Uhr

Eva ist 15 Jahre alt und unzufrieden. Mit sich, ihrer Umwelt, ihrem Äußeren und sogar mit ihrem Namen. Ein Mädchen vom Typ Mauerblümchen, das in der Sportstunde niemand in seiner Mannschaft haben will. Das ist die Ausgangslage in der Bühnenversion des Jugendromans „Bitterschokolade“, die Neuntklässler im Rahmen des Wahlpflicht-Unterrichts in der Rheingauschule Geisenheim aufführen.

Das Besondere dabei: Die Schülerinnen - im Wahlpflichtfach „Darstellende Kunst“ gibt es keine Jungs - spielen über sich selbst. Sie sind im Durchschnitt 15 Jahre alt, so wie Eva und die anderen Protagonisten in dem Stück. Die Handlung dreht sich um Pubertät, erste Liebe und das eigene Erscheinungsbild. „Das hat sie angesprochen, das sind ihre Themen“, erklärt die zuständige Lehrerin Tina Henseling.

Nach wie vor aktuell

„Bitterschokolade“ von der Autorin Mirjam Pressler ist bereits 1980 erschienen. „Das Buch ist aber immer noch aktuell, weil auch heute viele Jugendliche mit ihrem Äußeren unzufrieden sind und sich einsam fühlen“, meint die Gymnasiastin Sophie Sedo, die Darstellerin der Eva. „Es kommt authentisch rüber, wir können uns da reinversetzen“, ergänzt die Neuntklässlerin Jessica Jung.Pressegeist

„Eva hat ihre Stärken, auch wenn sie nicht jeder sieht“, berichtet sie weiter. Somit bietet die Romanfigur für die Mädchen die Möglichkeit, sich mit ihr zu identifizieren - die Konfliktsituationen eingeschlossen. Eva wächst sehr behütet auf in einer Familie, die Jessica Jung als „sehr konservativ“ empfindet. Dass das Thema Emanzipation einigen Raum einnimmt, findet sie noch heute wichtig. Probleme mit ihren Eltern kennen Jugendliche in der Pubertät nach wie vor. In dem Stück nehmen sie zu, als sie ein Verhältnis mit Michel aufbaut. Der geht nicht wie sie ins Gymnasium, sondern in die Hauptschule, wächst mit fünf Geschwistern auf und hat meistens kein Geld. So finden zwei 15-Jährige zusammen, die sich beide als Außenseiter empfinden. Doch gerade Eva gewinnt an Selbstbewusstsein. In eineinhalb Jahren Vorbereitung haben der Kurs „Darstellende Kunst“ und die Mitglieder des Wahlpflichtfaches Musik von Lehrer Michael Bibo die Vorlage aus dem Jahr 1980 behutsam modernisiert und zum Beispiel den Namen einer Disco in Bingen eingebaut oder Sprüche über die Hose für 120 Euro aus dem Sommerschlussverkauf. Im Kino läuft ganz aktuell der Film „Men in Black 3“.

Außer fast 30 Schauspielerinnen wirken zehn Musiker an der Vorstellung mit. In der übervollen Aula erleben die Zuschauer eine rasante Szenenabfolge mit reichlich Humor und Situationskomik. Eine Leinwand im Bühnenhintergrund dient dazu, die Kulissen rasch wechseln zu lassen und Schattenspiele zu ermöglichen. So ist das Profil der verzweifelten Eva zu erkennen, während der kleine Chor das tief depressive Lied „Mad World“ von Gary Jules singt.

Wiesbadener Kurier vom 2.6.12

Rheingau-Echo vom 8.6.2012