Trotz Schnee und Verkehrschaos auf der A3 kämpfte sich am 15.2.18 der Autor Manfred Theisen von Köln nach Geisenheim, um 140 Schülerinnen und Schülern der E-Phase sein Buch „Angst sollt ihr haben“ vorzustellen. In diesem hochaktuellen Jugendroman erzählt Herr Theisen vom Abiturienten Felix, dessen Lebenswelt und Freundeskreis von rechtem Hass geprägt ist. In der Aula ist es mucksmäuschenstill, als der Autor die Anfangsszene des Buches vorliest, in der Felix mit Sturmhaube und Schlagring in einer Kölner U-Bahn-station zwei Araber angreift, niederschlägt und seine „Macht“ demonstriert. Unglaublich brutal kommt einem diese Schilderung vor, doch Herr Theisen betont im Gespräch mit den Schülern immer wieder, dass es ihm ganz wichtig ist, die Handlungen und Gedanken des Protagonisten genau und ungeschönt zu beschreiben, nichts zu verharmlosen oder einfach nur grob anzudeuten. Es würde dem Autor nicht reichen, nur zu sagen, dass „die Nazis“ böse sind oder Gewalt anwenden. Er möchte konkret werden. Die Taten benennen. Genau das macht Theisens Buch so fesselnd und gleichzeitig so brutal. Es schildert Taten, die wir leider allzuoft in der Presse lesen oder hören, aber eben nicht in dieser Deutlichkeit. Im Roman gelingt es dem Autor, den Leser mitten in die Gedanken- und auch in die Gefühlswelt des Protagonisten Felix eintauchen zu lassen. Und das ist beklemmend. Herr Theisen unterbricht seine Lesung immer wieder und erzählt über Diskussionen zu Hause mit seiner zwölfjährigen Tochter zum Thema Rechtsradikalität oder über seine Erlebnisse bei einer einwöchigen Recherche im rechten Millieu. Was er da erlebt hat, ist zum Teil noch eine Stufe härter, als es sein Roman ohnehin schon ist. Aber die 140 Jugendlichen in der Aula folgen gebannt seinem Vortrag. Ein Schüler sagt im Anschluss, dass er die 60 Minuten äußerst spannend und interessant gefunden habe. Eigentlich meine man zu wissen, was mitten bei uns in Deutschland immer wieder passiere, aber es sei faszinierend, jemandem zuzuhören, der so viel schon erlebt hat und die Dinge deutlich beim Namen benennt.
Die Stunde ist ganz schnell vorbei, sodass Herr Theisen nur noch kurz umreißen kann, wie es in seinem Buch mit der Hauptperson weitergeht. Felix gelangt über den neuen Freund seiner Mutter in eine Parteiszene, lernt extreme Leute kennen, noch extremeres Gedankengut. Er lernt gleichzeitig, wie man seine Gesinnung positiv formuliert und argumentativ vorgeht, ja sogar gesellschaftsfähig macht. Am Ende radikalisiert sich Felix und führt einen Angriff auf ein Flüchtlingsheim durch. Er wird verhaftet. Und er lernt im Gefängnis, an welcher Abzweigung in seinem Leben er den falschen Weg gewählt hat. Und das ist eigentlich der Beginn des Buches. Der Jugendroman startet mit einem Brief von Felix an den Leser, in dem er vor Rechtsradikalisierung warnt und seine neue Denkweise erläutert. Vielfalt vor Ort.
Die Schülerinnen und Schüler der E-Phase bedankten sich bei Herrn Theisen mit langem Applaus für eine ehrliche, deutliche, schockierende und sehr fesselnde Lesung.
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