Mit glatten Gesichtern und Teenager-Ausstrahlung schauen die Manga-Helden von Buchcovern und Bildern. In der Geisenheimer Rheingauschule standen sie einen Monat lang im Mittelpunkt einer Aktion in der Bücherei. „Mit Mangas und Comics erreicht man auch die Schüler, die nicht die großen Leser sind“, erklärt die Leiterin Marén Latter zur Wirkung von Naruto oder Detektiv Conan.
Um dieses Stück japanischer Pop-Kultur anbieten zu können, hat die Schulbibliothek mit der Stadtbibliothek kooperiert. Im Gymnasium waren nämlich nur zwei Mangas vorhanden: „Die Schokohexe Teil I und Teil II“, wie Latter erzählt. Sie hat daher eine Box aufgestellt, damit jeder über seine Lieblings-Mangas abstimmen kann. Das soll die Basis für Anschaffungen sein, Preise waren dabei zu gewinnen.
Stadtbibliothek hilft mit Leihgaben Conny Prinz von der Buchhandlung Idstein in Oestrich will das Projekt unterstützen und hat mit der Künstlerin Sitta Derstroff für kleine Gewinnerprämien im aktuellen Manga-Monat gesorgt. Bei der Auszählung lag übrigens die bekannte Schokohexe vorne. Mit der kleinen Katze Chi, Dragon Ball und Märchen aus Grimms Manga sind viele Schüler jetzt aber ebenso vertraut dank Leihgaben der Stadtbibliothek.
50 Bände wechselten zunächst stadtintern die Regale. „Die waren nach zwei Wochen durchgelesen“, berichtet Latter. So kamen 50 weitere aus der Stadtbibliothek hinzu, deren Leiter Horst Falker einen wichtigen Hinweis gibt: „Man muss von hinten nach vorne lesen.“ Doch es blieb nicht beim Lesen. Zusammen mit der Fachschaft Kunst der Rheingauschule wurde ein Malwettbewerb ausgeschrieben.
Die besten Porträts hat eine Jury ausgewählt, bestehend aus Sitta Derstroff und Nick Hirsch, dem „Manga-Fachmann der Stadtbibliothek und Auszubildenden“, wie Latter sagt. Gewonnen hat bei den privat gemalten Bildern Svenja Derstroff vor Nadja Giebelhaus und Sophie Werner. Jennifer Kern liegt in der Klasse 7c von Kunstlehrerin Melissa Kissel vor Norah Strauch und Melina Mühlke. In der 7a von Juliane Dörr sichert sich Benjamin Terfoort den ersten Rang vor Finja Stromsky und Jeana Kirsch.
Die insgesamt 55 Bilder von Senpai, Lilith und anderen Manga-Größen sind bis zum Ende der Sommerferien in der Stadtbibliothek zu sehen. Berührungsängste mit dem manchmal als banal beschriebenen Genre hat die Lehrerschaft übrigens nicht. „Das Thema Comics steht sogar im hessischen Lehrplan“, erläutert Dörr. Landrat Frank Kilian und Bürgermeister Christian Aßmann loben den Aspekt der Leseförderung.
Anerkennung gibt es für Marén Latter generell für ihre Ideen und ihre Netzwerk-Arbeit. Schulleiter Thomas Fischer gesteht zugleich: „Für mich ist das eine fremde Welt.“ Die Bibliotheksleiterin beruhigt und weist in den animierten Filmen auf Bezüge zu Biene Maja und Heidi hin. Dazu stellt sie klar, dass es sich nicht nur um „leichtfüßige Literatur“ handelt: Ein Manga-Klassiker heißt „Barfuß durch Hiroshima“.
Wiesbadener Kurier vom 23.4.2018
Fotos: J.Dörr/M.Kissel
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