Tag der offenen Tür an der Rheingauschule. „Haben Sie einen Räuber gesehen?“, frägt die junge Polizistin. „Er ist auf der Flucht und trägt einen großen schwarzen Hut!“ Der Viertklässler schaut etwas verwundert, da lugt tatsächlich eine Person mit einem schwarzen Zylinder hinter der Tür hervor. Es beginnt eine wilde Verfolgungsjagd durch den zweiten Stock der Rheingauschule. Dort fand am vergangenen Samstag der alljährliche Tag der offenen Tür für die Grundschüler statt. Die Nachwuchstalente der Theater-AG gaben alles und mischten sich mit ihren bunten Kostümen unter die Besucher.
Kinder und Eltern erkundeten am Vormittag nach der Begrüßung durch Schulleiter Karl-Heinz Drollinger die Klassenräume und das Schulgelände. Keine Angst vor G8 lautet das Motto in Geisenheim. „G8, gut gemacht!“, nahm Schulleiter Drollinger den Eltern das Misstrauen. „Wir haben in einem Doppelstundenmodell den Stundenplan optimiert. In der fünften Klasse gibt es noch keinen Nachmittagsunterricht.“ So habe man die Lehrpläne entschlackt und Lehrinhalte auf ein Fach beschränkt. Wo beispielsweise das Auge früher in Biologie und Physik besprochen wurde, macht man das jetzt konzentriert in einem der beiden Fächer. „So haben wir ein ganzes Jahr gewonnen.“ In den zahlreichen AGs können die Schüler außerdem persönliche Neigungen pflegen. Wer beispielsweise am Klavierunterricht teilnimmt, kann dafür eine AG ersetzen. [Seit diesem Schuljahr gibt] es neben der pädagogischen Nachmittagsbetreuung für alle auch eine feste Ganztagsklasse [..].
Generell sollten die Eltern aber darauf achten, ob ihre Kinder den schulischen Anforderungen eines Gymnasiums gewachsen sind, empfiehlt Drollinger. „Es kommt auf Konzentrationsvermögen und Intellekt der Kinder an.“ Die Kinder, die in der Schule Probleme haben, hätten diese nicht wegen G8, sondern wegen der allgemeinen gymnasialen Anforderungen. Der Weg zum Abitur gehe auch über die Realschule und sei alles andere als verbaut. Dafür gibt es an der Rheingauschule die sogenannte Integrationsklasse, in der den Schülern nach der zehnten Klasse der Realschule der Wechsel ins Gymnasium ermöglicht und von der Schule gefördert und unterstützt wird.
Die Rheingauschule ist seit über 160 Jahren ein weltoffener Mittelpunkt der Bildung für Schülerinnen und Schüler der Region, mit derzeit über 40 Nationen. Schulleiter Drollinger freut sich besonders, dass er in seinen vierzehneinhalb Dienstjahren noch keine Form von Rechtsradikalismus oder Fremdenfeindlichkeit an der Schule erlebt hat. Im täglichen Schulleben achte man besonders auf Toleranz und eigenverantwortliches Handeln sowie aktives Mitwirken zum Erreichen von gemeinschaftlichen Zielen.
Musik und Kunst im Allgemeinen haben an der Rheingauschule einen hohen Stellenwert. Über das Schuljahr verteilt finden zahlreiche Konzerte und Kunstausstellungen im Schulgebäude statt. In den drei Fremdsprachen findet ein reger Austausch mit den Partnerschulen statt, darüber hinaus können die Schüler anerkannte europäische Sprachzertifikate erwerben. Im Sportunterricht arbeitet die Rheingauschule mit zahlreichen ortsansässigen Vereinen zusammen, auf dem Schulhof gibt es ein großes Basketballfeld, in der Sporthalle sogar eine integrierte Kletterwand. Seit 2013 gibt es an der Rheingauschule einen Leistungskurs Sport. „Die Vielfältigkeit im Rheingau-Gymnasium ist unsere Stärke“, betont der Schulleiter. Auch die gesunde Konkurrenz zur gegenüberliegenden St. Ursula-Schule sei sehr belebend, in der Oberstufe würden gemeinsame Kurse angeboten.
Jetzt geht es aber erst mal auf die Schul-Rallye. Wie sieht es in der Schülerbibliothek aus und wo ist der Computerraum? Im Physikraum entdeckten die Kinder schnell die über mehrere Tische aufgebaute Carrera-Bahn mit den kleinen Rennautos. Mit einem handbetriebenen Generator mussten sie elektrische Energie erzeugen und konnten so die Autos zum Fahren bringen. In der Biologie gab es zahlreiche Präparate unter dem Mikroskop zu bestaunen. Bei der „Traumreise durch die Zelle“ hatten Fünftklässler komplette Zellen mit Zellkern, Mitochondrien und Ribosomen nachgebaut, im Glaskasten sammelten sie Insekten zum Thema Wald. In der Sporthalle gab es Sportaufführungen und allerlei Geräte zum Ausprobieren. Besonders beliebt war die Kletterwand, an der es einige Grundschüler schon bis hoch zur Decke schafften.
Wem der Trubel zu viel wurde, gönnte sich einen Kaffee in der Mensa. „Das Essen schmeckt gut, es ist immer frisch und in den Pausen geht es ganz schnell“, loben die Schüler das neue Mensa-Team. Dazwischen tummelten sich die kostümierten Schüler aus der Theater-AG. Mit 35 Schülern blühte diese im laufenden Schuljahr richtig auf. Im Moment arbeiten sie an einem streng geheimen Projekt für die Sommeraufführung.
Rheingau Echo vom 18.2.2016
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