Das Rheingau-Gymnasium empfängt seine neuen Fünftklässler / Zwei Sozialarbeiter ab diesem Jahr.
„Ihr Herz klopft“ zeigt Lenas Oma an, indem sie ihre rechte Hand schnell zum Herz hin- und wegführt. Ihre aufgeregte Enkelin (10) sitzt nur zwei Plätze weiter, neben der Mama, auf der Tribüne der proppenvollen Sporthalle der Rheingauschule und wartet gespannt darauf, wann sie in ihre neue Klasse darf. Nach einer kurzen Eröffnungsrede von Schulleiter Karl-Heinz Drollinger und zwei stimmungsvollen Auftritten der Big Band und dem Streichorchester wird es für Lena und die anderen 134 neuen Gymnasiasten ernst.
Die Klassenlehrer lesen die Namen ihrer neuen Schüler vor, worauf diese sich nach vorne begeben müssen, um in ihre Klasse geführt zu werden. Auf einmal wird es dramatisch: Ein Schüler schreitet nach vorne, grüßt den Schulleiter und Klassenlehrer per Handschlag, läuft dann vor lauter Nervosität wieder zu den Eltern, wird zurückgerufen, rennt dann wieder hektisch zur Gruppe zurück, stolpert, rutscht auf Knien und stoppt genau vor seiner neuen Klasse. Aber nichts passiert, der Schüler steht wieder. Er ist aber nicht der Einzige, der nervös ist: „Unser Fabian war heute Morgen aufgeregt wie ein aufgescheuchtes Hinkel. Er stand 20 Minuten zu früh mit angezogenen Schuhen und Schulranzen auf dem Rücken vor der Haustür“, erzählt eine Mutter. Als Klassenlehrerin Maria Brachtendorf den Namen von Lena aufruft, ist der große Moment da.
Auch die Oma ist aufgeregt
Nach den letzten Motivierungssprüchen seitens Mutter, Vater und Großmutter, die nicht minder angespannt wirken, stolziert sie mit ihrem Schulranzen schnurstracks zur neuen Lehrerin. „Aufgeregt“, ist das einzige Wort, das ihr über die Lippen kommt.
„Jaaaa“, rufen dann die Kinder glücklich über den Zufall, dass sie mit Klassenkameraden aus der Grundschule in einer Klasse landen. „Wir sprechen vorher mit den Grundschulen ab, ob es sinnvoll ist, die jeweiligen Schüler zusammen zu lassen oder nicht“, erklärt Schulleiter Drollinger, der sich über die Unterstützung von zwei Schulsozialarbeitern freut. Die Kommunikation mit den Grundschulen dauere auch nach der Einschulung an, denn die Grundschullehrer interessiere es, ob ihre Empfehlung für die Kinder richtig war.
Zurück zu Lena und ihren Mitschülern, die sich mittlerweile im neuen Klassenzimmer eingefunden haben. Zusammen mit ihren alten Klassenkameradinnen hat sie sich die erste Reihe „geschnappt“. Und schon gibt es die erste (freundliche) Ansage von Maria Brachtendorf an alle kauenden Kinder: „Bitte keine Kaugummis im Unterricht.“ Und schwupps werden sie unauffällig entsorgt.
Die Deutsch- und Musiklehrerin teilt die Aufregung der Kinder, schließlich ist es für die 28-Jährige nach zwei Jahren Referendariat der erste Tag als Klassenlehrerin. Um sich die Namen schneller einzuprägen, malen und bauen die Kinder bunte Namensschilder, geschmückt mit Luftballons oder Blümchen. Anschließend gibt es ein Kennenlernspiel mit Interview, bei dem jeder den anderen vorstellen muss. Lena wünscht sich „neue Freunde, gute Lehrer, gute Noten und einen guten Beruf nach der Schule“.
Wiesbadener Kurier vom 17.8.2010
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