Thomas Fischer hat einen anderen Blick auf das deutsche Schulsystem als viele seiner Kollegen und viele Eltern. Er hat gerade die Schulleiterposition gewechselt, von der Deutschen Schule in Athen zurück zur Rheingauschule in Geisenheim, wo er schon von 2000 bis 2010 unterrichtet hatte und zuletzt Stellvertreter von Karl-Heinz Drollinger war. Das Rheingaugymnasium sei im Schulamtsbezirk Wiesbaden-/Rheingau-Taunus die letzte G8-Schule, sagt Fischer. Er verweist darauf, dass alle deutschen Auslandsschulen bei einer achtjährigen Gymnasialzeit bleiben, weil die Bildungssysteme weltweit auf zwölf statt 13 Jahre wie in Deutschland ausgerichtet seien.
Direktor mit jeder Menge Auslandserfahrung Oberstudiendirektoren an der Rheingauschule waren bisher in der Regel Philologen. Thomas Fischer, in Bad Homburg geboren und 58 Jahre alt, unterrichtet Mathematik und Physik, spricht Englisch und Spanisch und hat schon viele Erfahrungen im Ausland gesammelt. Beeindruckt ist er immer noch von seiner Lehrtätigkeit in Zimbabwe, wo Bildung der einzige Schlüssel sei, um aus der Armut herauszukommen. In Ecuador war er in Quito mit Schulbauplanungen befasst, in Athen hat er „viel Geld verbaut“.
Eine Arbeitsgruppe befasst sich gegenwärtig damit, ob die Rheingauschule wieder zu G9 zurückkehren soll. Das wird frühestens zum Schuljahr 2018/19 möglich sein. Fischer macht kein Hehl daraus, dass er sich in dieser „emotional stark belasteten Frage“ für G8 entscheiden würde. Sein Eindruck ist aber, dass die Zustimmung bröckelt, obwohl die Rheingauschule ein sehr gutes G8-Konzept praktiziere. Das Doppelstunden-Modell bringe Ruhe in den Unterricht. Der Nachmittagsunterricht sei begrenzt und gut organisiert. Der Schulleiter ist davon überzeugt, dass ein durchschnittlich begabter Schüler nicht damit überfordert ist. Den einzigen Nachteil sieht er darin, dass die Abiturienten eigentlich zu jung seien, um an die Uni zu gehen. Deshalb spricht er sich für einen Auslandsaufenthalt während der Schulzeit oder einen Freiwilligendienst nach dem Abi aus.
Als Thomas Fischer nach sieben Jahren nach Geisenheim zurückkehrte, begegnete er einem stark verjüngten Kollegium. Die Schule sei sehr erfolgreich bei Wettbewerbsteilnahmen, hat er festgestellt, insbesondere auch im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Er schätzt den „freien Geist“ an der Schule, an der gegenwärtig rund 860 Kinder und Jugendliche unterrichtet werden. Das Gymnasium sei „keine ideologisch vorgeprägte Schule“, stehe in der Tradition von Humanismus und Aufklärung und sei der Moderne verpflichtet. „Das gefällt mir gut.“ Sehr gut habe sich die Schulsozialarbeit bewährt, für die er dem Rheingau-Taunus-Kreis großes Lob zollt.
Sanierungsplan ab 2018 Auch in Geisenheim wird sich Fischer demnächst wieder mit Bauplanungen befassen müssen. Dass der Kreis seine Schulen in gutem Zustand halte, sei eine kluge Politik. Ab 2018 steht ein Sanierungsplan auf dem Programm, der den Umbau der Chemieräume, die Modernisierung des Medienbereichs und Ausstattung der Klassenräume mit digitalen Medien sowie die Umgestaltung des Verwaltungsbereichs umfasst. Auch wenn die Schülerzahlen künftig zurückgehen sollten, habe das Gymnasium eine gute Zukunft, so der Schulleiter. Bisher waren die Eingangsklassen in der Regel vierzügig. Aber auch mit einer Dreizügigkeit könne die Schule gut leben.
Wiesbadener Kurier vom 4.3.2017
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