Fotokünstler widmen sich dem Thema Vielfältigkeit Drucken
Geschrieben von: Wiesbadener Tagblatt   
Montag, den 29. Mai 2017 um 04:32 Uhr

„Ohne das Fremde kann der Mensch nicht leben“, und „Ich ist ein anderer“. Beide Aussagen stammen von zwei unterschiedlichen Menschen: dem Anthropologen Christoph Wulf und dem Dichter Arthur Rimbaud. Ihre Aussagen spiegeln sich in den künstlerischen Praxisarbeiten aus dem Bereich Fotografie wieder, die die Schülerinnen und Schüler der Kunst-Grundkurse und des Leistungskurses Q2 der Rheingauschule bei ihrer Vernissage vorstellten.Pressegeist

Die zweite Veranstaltung der Reihe „KunstRAUM“ widmete sich ganz dem großen Thema „Vielfalt“. Mit Unterstützung ihrer Lehrer Melissa Kissel, Juliane Dörr und Boris Sobotta hatten sich die jungen Fotokünstler während des zweiten Schulhalbjahres dem Thema in all seinen unterschiedlichen Facetten genähert.

Performence-Künstlerin Mareike Buchmann dabei
Vielfalt ist heute in immer mehr Bereichen präsent und fordert einen toleranten Umgang mit ihr. Dabei gingen die Schüler von unterschiedlichen Seiten an das Thema heran und beleuchteten Merkmale wie Sprache, Religion, Hautfarbe, Herkunftskultur oder sexuelle Orientierung durch die Linse ihrer Kamera.

Neben fast hundert Bildbetrachtungen, die sich im Flur und im umgewandelten Kunstraum „White Cube“ den Besuchern eröffneten, setzte sich auch die Wiesbadener Performence-Künstlerin Mareike Buchmann in ihrem darstellerischen Kunstprojekt mit dem Thema auseinander. Vervollständigt wurde der Abend durch vielfältige Beiträge aus der Lateinfachschaft, aus der Perspektive der Biologie und schließlich durch die Thematisierung der sexuellen Vielfalt von Schülern des achten Jahrgangs.

„Die Unesco vertritt die Haltung – Vielfalt ist Reichtum“, betonte Melissa Kissel bei ihrer Begrüßung. Doch die Haltung gegenüber Vielfalt schwanke in der Gesellschaft zwischen zwei Polen: Bereicherung, der man mit Offenheit begegne, und Bedrohung, vor der man sich abschotte und abgrenze. „Schule steht hier im Auftrag der interkulturellen Bildung – eine Bildung, die Vielfalt schätzt und hilft, durch sie Potenziale zu entfalten.“ Dass die Schüler in der Auseinandersetzung mit dem Thema und im Umgang mit ihren Kunstwerken vielschichtige Erfahrungen mit dem Fremden machten, zeigte die Präsentation einiger Fotografien, von Schülerseite vorgestellt.

Zerrissenheit des dritten Geschlechts zeigen
Jenny H. Le beschäftigte sich auf ihrem Bild „Was nun?“ mit der Intersexualität, insbesondere mit der Zerrissenheit der Menschen dritten Geschlechtes. „Ich habe mich vorher nie damit befasst und habe jetzt aufrichtigen Respekt vor diesen Menschen erlangt, die diesem Druck in der Gesellschaft standhalten“, resümierte die Schülerin. Habib Hafiz stellte sich selbst in vielen Figuren dar – auf seinem Foto „Mr. Vielfalt“. „Ich will die Kulturen zeigen, die in mir leben, meine Religion, ich sehe mich als Sportler, im Straßenlook und chic im Anzug. All dies bin ich und noch vieles mehr.“


WERKE
Das Mädchen vor der Schönheits-OP thematisiert Eva Peisker unter dem Titel „Vielfalt erwünscht“.

„Gemeinsam groß werden“ von Niklas Lüttich zeigt zwei Kinder Hand in Hand, eines gesund und eines mit Behinderung.

„Einfacher Überfluss – einfach überflüssig“ von Franziska Fürstenberg macht aufmerksam auf die Überfülle der Nahrungsangebote in Supermarktregalen.

Wiesbadener Tagblatt vom 24.5.2017